030 / 397 492 57 kontakt@kanzlei-cziersky.de

Visum zum Familiennachzug vor der Geburt des Kindes (Nachzug zum ungeborenen Kind)

In einem von Rechtsanwalt Cziersky-Reis vertretenen Mandat hat das Deutsche Generalkonsulat in Istanbul dem türkischen Mandanten nun ein nationales Visum zum Familiennachzug vor der Geburt seines Kindes erteilt, damit er bei der Geburt anwesend sein kann. Eigentlich mittlerweile eine Selbstverständlichkeit: Ist es auch, aber nur mit Anwalt.

Eine in Berlin lebende deutsche Staatsangehörige ist hochschwanger. Der Vater des ungeborenen Kindes ist türkischer Staatsangehöriger und lebt in der Türkei. Einige Monate vor der Geburt heiraten die werdenden Eltern in der Türkei. Ein nationales Visum zum Ehegattennachzug kann nicht erteilt werden, weil sich der Ehemann und werdende Vater nicht „zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann“ (§ 30 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Satz 5 AufenthG).

Da sein Kind durch die Geburt gemäß § 4 Absatz 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wird, würde er nach der Geburt aber ohne weiteres ein nationales Visum zum Nachzug zu seinem Kind erhalten, und zwar auch ohne Sprachkenntnisse (gemäß § 6 Absatz 3 Satz 1 und 2 AufenthG in Verbindung mit § 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG). Aufgrund der aufenthaltsrechtlichen Vorwirkung des Schutzgebots des Artikels 6 des Grundgesetzes muss dem Vater deshalb schon vor der Geburt seines Kindes ein nationales Visum erteilt werden.
Wie geschrieben: Eigentlich ist dies alles selbstverständlich. Offensichtlich aber nicht für die zuständige Mitarbeiterin des deutschen Generalkonsulates in Istanbul, bei der der Mandant vor der Beauftragung von Rechtsanwalt Cziersky-Reis die notwendigen Unterlagen zum Visumantrag abgeben wollte. Er müsse warten bis sein Kind geboren sei. Mit der Geburtsurkunde könne er wiederkommen. Er versuchte es zwei Wochen später noch einmal. Die gleiche Antwort.

Erst aufgrund der anschließenden Beauftragung von Rechtsanwalt Cziersky-Reis nahm das Generalkonsulat wenig später doch die Unterlagen für das Visumverfahren entgegen. Da der Geburtstermin mittlerweile in nur wenig mehr als einem Monat anstand, übersandte das Generalkonsulat sogar ausnahmsweise wunschgemäß eine Ausfertigung der Unterlagen aufgrund der Dringlichkeit per Telefax (anstatt wie sonst per diplomatischem Kurier) an das Einreisesachgebiet der Ausländerbehörde Berlin, da dieses der Erteilung des Visums zustimmen muss. Auch diese Zustimmung sollte wiederum eine reine Formsache sein. Vorsorglich wies Rechtsanwalt Cziersky-Reis die zuständige Sachbearbeiterin der Ausländerbehörde Berlin per E-Mail nochmals auf die Dringlichkeit hin. Immerhin die Antwort kam probt: „Sehr geehrter Herr RA Cziersky-Reis, der Antrag Ihres Mandanten wurde erst am 13.10.2011 bei der deutschen Botschaft gestellt. Der komplette Antrag liegt hier erst seit gestern vor. Ich gehe nicht davon aus, dass Ihre Mandantschaft erst im Oktober von der Schwangerschaft erfahren hat, sodass hier ein Versäumnis des Ehepaares vorliegt. Auf Grund der Vielzahl der Einreiseanträge sind wir gewillt, diese nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung / Akteneingang zu bearbeiten. Ich bitte Sie somit um Verständnis, dass die Bearbeitung noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.“

Das Verständnis hielt sich sehr in Grenzen. Die Sachbearbeiterin wurde deshalb telefonisch darauf hingewiesen, dass nun kurzfristig beim Verwaltungsgericht Berlin die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes beantragt werden müsse, wenn nicht zeitnah die Zustimmung zur Erteilung des Visums erfolge. Das wirkte: Drei Tage nach dem Telefonat stimmte die Ausländerbehörde Berlin der Erteilung des Visums zu und wenige Tage später konnte der Mandant sein Visum beim deutschen Generalkonsulat in Istanbul abholen.